Himmelsgedanken - April 2024

Auf dem Wasser treiben

 

Es ist eine Erinnerung des vergangenen Urlaubs am Mittelmeer. Warm war es und das Meer relativ ruhig, so dass man gut schwimmen konnte.
Ich kann gut und sicher schwimmen und so hat es mir auch nichts ausgemacht, dass die Sicherheit des Beckenrandes fehlt.
Ich hab mich den ankommenden Wellen gestellt und mich von ihnen tragen lassen. Und noch eine Welle und noch einen Zug, fast schon meditativ.

Keine Grenze zu haben zwischen Himmel und Erde, alles blau in blau und der Horizont ganz weit weg.

Ich als kleiner Mensch im großen Meer, getragen vom Wasser, geschaukelt von den Wellen.
Ich kam mir nicht verloren vor, sondern als ein Teil davon, wenn es auch noch so klein sei.

Immer wieder kam mir der Spruch in den Sinn, der wahrscheinlich aus Irland stammt: "Gott sucht dich und wärst du ein Holzsplitter im Ozean."
Gott sieht mich, Gott nimmt mich wahr.
Auch dann wenn es keiner tut. Gott findet mich, auch wenn mich keiner sucht.

Das kam mir in diesen Momenten so großartig vor und ich mich so geliebt und so getragen, wie selten. Ich hätte ewig so weiter schwimmen können.
Wenn ich mich dann mal umgedreht habe, war der Stand schon ganz weit weg und die Menschen dort winzig klein. Manchmal habe ich mich selbst darüber erschrocken.
Dann kam das abwägen, noch ein bisschen weiter schwimmen, weil es so schön ist und leicht, und da ist doch noch eine schöne Welle, oder umkehren.
Ich hatte bei all der Freude und der Entspannung auch immer Respekt vor dem Meer und mir war auch immer wieder bewusst, dass jeden Tag immer wieder Menschen, insbesondere Flüchtlinge in dem gleichen Meer ertrinken, in und an dem ich meine Urlaubstage genieße. Es hat mich dankbar und auch demütig gemacht, dass ich sicher leben darf.

Irgendwann musste ich zurück, die Wellen kamen dann als Treibhilfe, schubsten mich nach vorne, Richtung Strand. Wieder ein gutes Gefühl und auch wieder Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass ich nicht verloren gehen würde, weil Gott mich überall wieder findet und auch Dankbarkeit in die eigene Kraft, in die Gewissheit, dass ich es schaffe, auch wenn der Strand ganz klein und weit weg erscheint.

Diese Erfahrungen habe ich mit in meinen Alltag genommen, der so weit weg vom Meer ist: das Wissen um mein Können und die Gewissheit, dass Gott mich sieht und findet, egal wo ich bin, im Mittelmeer oder in Warendorf.

 

 

Sandra Reimann, Prädikantin und Presbyterin

 

Sandra Reimann

Als Krankenschwester ist Sandra Reimann immer nahe bei den Menschen. In ihrer Freizeit hält sie als Prädikantin Gottesdienste, schreibt immer wieder geistliche Texte wie diese Andacht und hat bis zum März 2024 als Presbyterin im Leitungsteam der Kirchengemeinde mitgewirkt.