Vertrauen im Freibad
Es ist schon ein paar Jahre her, aber diese Begegnung im Freibad hat sich tief in meinem Kopf eingenistet.
Zwei Menschen im Wasser, Vater und Tochter. Er so groß und breit wie ein Baum, sie vielleicht sechs Jahre alt, rosafarbener Badeanzug, blonder Pferdeschwanz. Niedlich. Ihr kommt die Idee vom „Dreier“ zu springen. Schwimmen kann sie schon, aber das erfordert doch etwas Mut. Ihr Papa scheint sie zu ermutigen, aber dann kommt die Rückfrage: „Papa, wenn ich auftauche, dann bist du doch da, oder?“ Das schien ihr wichtig zu sein, dann im Pulk der Freibadgäste ein bekanntes Gesicht zu finden.
„Ja, dann bin ich da.“, war die Antwort. Das Mädchen schwamm los, stieg auf den Drei-Meter-Turm und ging bis ganz vorne an die Kante. Ihr Vater winkte und rief so was wie: „Spring, ich bin da.“ Aber scheinbar war die Höhe doch zu groß und die Kleine kletterte die Leiter wieder runter, sprang vom „Einer“ ins Wasser und schwamm auf ihren Vater zu. Und dann wieder diese Frage: „Papa, wenn ich auftauche, dann bist du doch da, oder?“ und wieder die Antwort „Ja, dann bin ich da.“ Der zweite Versuch gelang dann. Das Mädchen sprang vom Drei-Meter-Brett ins Wasser und sozusagen noch im Sprung machte sich der Vater auf den Weg, um da zu sein, wo sie auftauchen würde. Die Freude war bei beiden riesig und vielleicht nicht nur, weil der Mut gereicht hat, sondern weil da auch soviel Vertrauen war.
Diese Begegnung (ich bin immer um die beiden rumgeschwommen, um ja nichts zu verpassen) hat in mir das Gottesbild des Vaters wachgerufen. Gott als Vater, der uns Mut macht zu springen, etwas Neues zu wagen und der uns verspricht, im Strudel der Welt ein bekanntes Gesicht zu sein, an dem wir uns orientieren können.
Und auch bei Gott können wir immer nachfragen: bist du wirklich da, wenn…..?, weil wir vielleicht nicht sicher sind, dass er uns unter allen Menschen findet.
Und auch bei Gott dürfen wir mehr als einen Versuch brauchen, dürfen wir Zweifel haben, und dürfen überrascht und voller Freude sein, wenn wir merken, dass Gott sein Versprechen hält und da ist, da, wo wir gerade auftauchen.
Das Mädchen ist mittlerweile nicht mehr klein, vermutlich überlegt sie gerade, welche zweite Fremdsprache sie wählen soll. Ob sie sich an dieses Erlebnis im Freibad noch erinnert? Ich wünsche ihr aber (und uns), dass das Vertrauen, was da bestätigt wurde, sie weiter begleitet und dass ihr Vater ihr immer wieder versichert, dass er da ist. Im Freibad und im Leben.
Sandra Reimann, Prädikantin