Das Gleichnis vom Säen auf verschiedenen Böden

Jesus erzählt von einem Bauern, der schwungvoll seine Samenkörner auf seinem Feld auswirft.

Die Samen fallen nicht nur auf fruchtbaren Boden, auch auf den Weg, unter Disteln, auf Steine. Frucht bringen sie da nicht, zumindest nicht so, wie der Bauer es sich gedacht hat. Und doch gehören sie zum Kreislauf der Welt. Vögel kommen und picken die Körner auf. Nichts bleibt übrig.

Der Bauer weiß genau, dass nicht jedes Korn aufgehen wird, nicht alles, was wir anfangen, wird gelingen, und das kann beruhigen. Ich darf mir eingestehen, dass ich nicht perfekt sein muss, dass ich Sein lassen darf. Der Bauer hebt die scheinbar falsch gefallenen Körner ja auch nicht wieder auf, um sie auf gutem Boden zu platzieren. Vielleicht, weil er darauf vertraut, dass aus ihnen doch noch etwas Gutes werden kann.

 

Es geht im Gleichnis um den Glauben.  Glaube kann tragfähig sein, wie das Korn das Frucht bringt, aber es kann auch andere ganz niederschwellig und ohne, dass man es mitkriegt, stärken, so wie die Vögel, die das Korn aufpicken. Glauben kann auch nur kurz aufblühen, wenn man an Gott denkt, nach ihm fragt, weil man Halt sucht oder die Antwort auf das Warum, so wie das Korn, das auf den Steinen keinen Halt findet. Glaube kann harte Arbeit sein, wenn man alles gut machen will, aber dann die Kraft nicht reicht oder einem das Leben buchstäblich über den Kopf wächst, so wie bei den Disteln.

Aber immer bleibt irgendwas von Gott an uns hängen, weil wir mit ihm in Berührung gekommen sind.

Gott weiß, wie es uns geht, denn er sieht jedem Samenkorn nach, weiß, wo es landet, weiß, was es kann. Er behält uns im Blick.

Also auch jemand, der scheinbar keine Frucht bringt, hat eine Bestimmung, wird geliebt und gesehen.

 

Glaube bekommt immer wieder eine Chance zu wachsen, auch wenn es nur ein bisschen ist. Gott bringt sich uns in Erinnerung, wird zu einer Sehnsucht, die uns aufschreckt. Auch dann, oder vermutlich gerade dann, wenn wir uns abseits des fruchtbaren Feldes befinden. Ich darf da sein an diesem Platz, darf wachsen und blühen und verändern.

 

Dieses Gleichnis gehört nicht zu meinen Lieblingsgeschichten. Ich mochte es noch nie. Vielleicht weil insgeheim Druck ausgeübt wird, dass jeder Frucht bringen muss und wenn es nicht funktioniert, ist man vermutlich ein Samenkorn, das nicht auf den guten Boden gefallen ist. Ich mag keinen Druck. Aber im Laufe des Schreibens habe ich meinen Frieden damit gemacht.

Wir sind alle Samenkörner, Gott hat mit uns etwas vor. Er traut uns zu, dass wir wachsen und etwas verändern, und wirft uns voller Freude ins Leben.

 

Sandra Reimann, Prädikantin

Sandra Reimann

Als Krankenschwester ist Sandra Reimann immer nahe bei den Menschen. In ihrer Freizeit hält sie als Prädikantin Gottesdienste, schreibt immer wieder geistliche Texte wie diese Andacht und hat bis zum März 2024 als Presbyterin im Leitungsteam der Kirchengemeinde mitgewirkt.